Wie kommt eine Deutsche dazu Japanisch zu dolmetschen (2)

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dolmetschenDer Sprachunterricht an der Universität hatte hauptsächlich aus Lese- und Übersetzungsübungen sowie dem Einüben von grammatikalischen Strukturen bestanden. Die Seiten unseres englischen Lehrbuches Japanese for Today (link zu Amazon), die sich mit der Alltagssprache und Konversation beschäftigten, wurden aus Zeitmangel ausgelassen. Zwar hatte ich eine japanische Germanistin als Briefpartnerin gewinnen können, aber auch dabei schreibt man nicht unbedingt viel über den banalen Alltag. Die grundlegenden Fähigkeiten zur Kommunikation auf Japanisch erlernte ich also dann im Turbo in Japan selbst. Mein Stipendium an der staatlichen Universität von Kyushu beinhaltete 6 Monate Sprachkurs auf dem Niveau der Wissenschaftssprache. Dann lernte ich neben der Alltagssprache auch selbst Referate zu halten und Seminararbeiten zu schreiben. Parallel dazu sammelte ich Erfahrungen als Sprachdozentin für Deutsch und Englisch als Privatunterricht und an verschiedenen Universitäten in Fukuoka und Kurume. Nach eineinhalb Jahren war ich sprachlich endlich so weit, dass ich nun richtig mit dem Forschen für meine Dissertation über die Kultur Okinawas anfangen konnte. Also beschloss ich meinen Aufenthalt zu verlängern, wechselte an die städtische Universität von Kurume und baute meine Stunden als Sprachdozentin so weit aus, dass ich davon leben konnte. Der Höhepunkt meiner Karriere als Dozentin an einer japanischen Universität war die Vorlesung auf Japanisch über die – damals 15 – Mitgliedstaaten der EU.

Insgesamt verbrachte ich so fünfeinhalb Jahre in Japan und fühlte mich dort im Kreise meiner japanischen und internationalen Freunde sehr wohl. Trotzdem stellte sich mir im Laufe des letzten Jahres immer häufiger die Frage, ob ich nun die Dissertation auf Japanisch schreiben und den Rest meines Arbeitslebens als Sprachdozentin an einer Universität verbringe wollte.

Da erinnerte ich mich an meinen Wunsch aus der Jugendzeit, eine sprachliche Brücke zwischen fremden Kulturen schlagen zu wollen und entschied, dass ich das wohl am Besten doch in der Heimat, in Deutschland, können würde.